Angesichts der auffallend geringen Sterblichkeitsrate in Deutschland wundert sich der interessierte Laie, warum bei uns so wenige Menschen an Covid-19 sterben. Was ist bei uns so viel anders als in anderen europäischen Ländern? Oder verschweigt man uns unsere Toten?

Vor wenigen Tagen machte sich die Schweizer Firma Pharmapro GmbH Gedanken über die unterschiedliche Sterblichkeit  bei Covid-19. Besonders wurde die relativ niedrige Sterblichkeit in Südkorea und die sehr hohe Sterblichkeit in Italien betrachtet. Die geringen Zahlen aus Südkorea lassen sich zum Teil damit erklären, dass das Land sehr umfangreiche Tests unter der Bevölkerung durchgeführt hat. Entsprechend hoch ist dann natürlich die Zahl der Gesamtinfizierten und entsprechend gering die Mortiltätsrate. Die hohe Sterblichkeit in Italien führt Pharmpro auf die Altersstruktur zurück. 23 Prozent der Bevölkerung sind über 65 Jahre alt.

Und Deutschland? Wie sieht es bei uns aus?
  • Auch über sechs Wochen nach dem ersten bestätigten Fall werden die durchgeführten Tests nach Vorgabe des Robert-Koch-Instituts streng reglementiert. Selbst Menschen mit eindeutigen Symptomen werden abgewiesen . Erklärt wird das mit fehlenden Kapazitäten und fehlender Aussagefähigkeit. Hingegen erklärt die Schweizer Handelszeitung in einem Interview mit Roche, warum der Test so wichtig ist.
  • Wer wenig testet, hat wenig Infizierte. Wer wenig testet, hat aber auch eine sehr viel höhere Dunkelziffer als andere Länder. Die Neue Züricher Zeitung blickt bei der Beurteilung der Dunkelziffer auf die Situation in China.: „Als China am 24. Januar die Provinz Hubei absperrte, in der das Virus ausgebrochen war, gab es dort laut offiziellen Daten bis dahin etwa 1300 Infizierte. Doch effektiv dürften es laut späteren Befragungen schon über 10 000 gewesen sein.“ Zum Vergleich: Deutschland hat halbherzige Maßnahmen ergriffen, als die Zahl der Infizierten bereits bei über 7000 lag.
    Gleichzeitg vermeldet die Berliner Morgenpost für die Millionmetropole Berlin seit Tagen fast konstante Fallzahlen von unter 400 Infizierten. Das ist eine erstaunliche Entwicklung bei einer so hohen Bevölkerungsdichte.
  • Zurück zu unseren Toten. Bei jedem bisher gemeldeten Toten wird explizit darauf verwiesen, dass der Patient über 70 Jahre alt war (häufig noch älter) und Vorerkrankungen hatte. Zwischen den Zeilen suggeriert diese Art der Berichterstattung, dass es nur die Alten trifft, die ohnehin in Kürze verstorben wären. a) Stimmt diese Einschätzung nicht, wie Daten aus anderen Ländern belegen und b) verleitet sie die Bevölkerung zur weiteren Sorglosigkeit. Insofern betrachte ich eine so tendenziöse Berichterstattung als mindestens fahrlässig.
    Ein zweiter Grund für die geringe Sterblichkeitsrate könnte darin liegen, dass das Durchschnittsalter der Infizierten in Deutschland bei um die 40 Jahre liegt. Verkürzt ausgedrückt: Wenn man die Alten nicht testet, verderben sie auch nicht die Statistik. Das entspricht genau den Vorgaben des RKI . Getestet werden nach wie vor nur Personen aus (streng eingegrenzten) Risikogebieten und welche, die Kontakt zu einem Infizierten hatten, und jeweils Symptome aufweisen. Beides ist bei älteren Menschen aufgrund nachlassender Mobilität seltener der Fall.
    Die angeblich so ganz andere Altersstruktur in Italien im Vergleich zu Deutschland ist jedenfalls keine Erklärung für die starke Abweichung in der Sterblichkeitsrate.

Quellen:
Fallzahlen des Coronavirus bei Statista
Todesfälle aufgrund des Coronavirus bei Statista
Zahlen der John Hopkins Univerität Stand 18.03.2020 8:13 Uhr

PS:
Mancher mag sich fragen, was ein Artikel über die aktuelle Pandemie in einem Blog über Familienforschung zu suchen hat. Ich finde, sehr viel. Schon immer haben Kriege und Pandemien Auswirkungen auf den Fortbestand von Familien gehabt. Eine kinderlose Ehe war keinesfalls der einzige Grund, warum eine Familie heute als ausgestorben gilt. Oft genug haben Krieg und Krankheit den letzten Nachkommen sterben lassen, noch bevor er selbst den Fortbestand der Familie sichern konnte.