Vor 50 Jahren ging im Feuersturm alliierter Bomber Dresden unter. Die Schockwirkung war groß, obwohl die Menschen schon lange mit dem Fliegeralarm und der Bedrohung aus der Luft lebten. Und das Sterben ging weiter. Im März fielen Essen, Dessau und Kiel in Schutt und Asche – Angriffe innerhalb einer umstrittenen Strategie, die Flächenbombardements auf Wohngebiete vorsah und die noch bis zum April 1945 fortgesetzt wurde.

Die britischen Stabschefs trauten ihren Augen nicht. Churchills Note, die ihnen da am 29. März 1945 übergeben wurde, war nach ihrer Auffassung ein prestigeverletzendes Dokument ersten Ranges, zweifelte der Premier doch darin den Sinn des alliierten Bombardements an. „Wir übernehmen eines Tages die Kontrolle über ein völlig ruiniertes Land“, kritisierte Churchill und forderte „eine präzisere Konzentration auf militärische Objekte… anstelle bloßer Akte von Terror und mutwilliger Vernichtung“.

Die späten Skrupel machen deutlich, daß in Großbritannien das Flächenbombardement deutscher Städte durchaus nicht unumstritten war. Der Militärschriftsteller Little-Hart nannte den Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung die „unzivilisierteste Methode der Kriegführung seit den Mongolenstürmen“. Der Erzbischof von Canterbury, William Temple, warf den Bomberstrategen vor, daß sie ihr erklärtes Ziel, die Rüstungsindustrie zu zerschlagen, nicht erreicht hätten.

Die Deutschen sollten sich in der Beurteilung des militärischen Sinnes der Bombardierungen Zurückhaltung auferlegen, mahnt Wolfgang Wippermann, NS-Forscher an der Freien Universität Berlin. Berücksichtigt werden müsse, daß V1- und V2-Rakteten noch bis Ende März 45 gegen Großbritannien eingesetzt wurden. Die Greuel der Massenvernichtungslager waren seit dem Spätsommer 1944 als unfaßbare Tatsache bekannt; mit der Ardennenoffensive im Winter 44/45 hatte Nazi-Deutschland zu einem nicht mehr erwarteten Schlag ausgeholt – jeder Aufrechnungseffekt sei angesichts dieser totalen Radikalisierung fehl am Platze, so Wippermann,

Das Pro und Kontra um das Denkmal des für die Bombereinsätze verantwortlichen Luftmarschalls Arthur Harris von 1992 in London zeigt, daß die Briten das Thema auch noch nach solch langer Zeit umtriebt. Der Erfinder des Flächenbombardements von Wohngebieten ist Harris aber nicht. Die Pläne dazu lagen 1942 schon vor, als er das Oberkommando des strategischen Bomberkommandos der Royal Air Force übernahm. Aber der eigensinnige Offizier war überzeugt von der Möglichkeit, Deutschland durch das Abbrennen seiner Städte in die Niederlage zu bombardieren. Spät, zu spät erst gebot Churchill ihm Einhalt. Da lagen von Köln und Hamburg bis Chemnitz und Dresden alle größeren deutschen Städte bereits in Schutt und Asche. Harris Argumente: Die Flugabwehr bindet Soldaten, die an der Front fehlten. Und: Auch die Zivilisten sind Rüstungsarbeiter, Hersteller von Waffen, und sie gehören damit zu den auszuschaltenden Feinden.

Die Bombenlast, die über die deutschen Städte niederging, wuchs gegen Kriegsende ins Unvorstellbare. 44 717 Tonnen im Monatsdurchschnitt errechnete Olaf Groehler für Januar bis April („Bombenkrieg gegen Deutschland“, Akademieverlag Berlin 1990). Je Tag machte das nahezu 3000 Tonnen Bomben aus. Die britischen und amerikanischen Bomberverbände nahmen sich dabei nicht viel, wenngleich es bei Groehler heißt, daß die US-Luftflotte lange auf ihren Unterschied zum britischen Angriffsverfahren – dem Flächenbombardement – bestand und sich erst im Herbst 1944 ein- und unterordnete.

Groehler räumt an Hand von Zahlen mit der Legende aus DDR-Zeiten auf, daß die künftige sowjetische Besatzungszone aus politischen Gründen besonders von Bombenangriffen heimgesucht wurde. Das Gegenteil sei der Fall, wenngleich die Schadensfolgen im Osten größer waren. Da die betroffenen Städte bis dahin glimpflich davongekommen waren, reichten die Schutzvorkehrungen hinten und vorn nicht. Viele hofften, auf wundersame Weise weiter verschont zu bleiben, als Kunst- oder Lazarettstadt, vollgestopft mit Flüchtlingen, sich ins Kriegsende hineinzuretten.

Wenn man überhaupt von einem moralischen Effekt sprechen kann, dann ist es die verzweifelte Hoffnung der Menschen auf dieses baldige Ende. Goebbels notierte, das Verhalten der Bevölkerung in den von den West-Alliierten befreiten Gebieten betreffend, in seinem Tagebuch vorwurfsvoll: „Sie meisten scheinen froh zu sein, daß nun mit den Luftangriffen Schluß ist.“ Ansonsten sind sich viele Autoren einig, daß trotz aller überlegenen anglo-amerikanischen Luftmacht der erwartete Zusammenbruch des Verkehrswesens und des gesamten inneren Lebens in Deutschland nicht eintrat (Christian Zentner, „Illustrierte Geschichte des Zweiten Weltkrieges“; Günther Dahms, „Der Zweite Weltkrieg in Text und Bild“).

Was bleibt sind Wirkungen ganz anderer Art. Der Bombenkrieg griff unbarmherzig in die Alltagsgewohnheiten der Deutschen ein. Die Bombennächste gruben sich unauslöschlich in das Gedächtnis vieler Menschen. Selbst wer sich heraushalten wollte, sah sich nun mit den Folgen des Krieges konfrontiert. Das hat tiefe Furchen gezogen – nicht nur in der Kriegsgeneration. Durch Erziehung und Erzählung ist auch die Nachkriegsgeneration betroffen, und das ist offenbar auch die Ursache für die Empfindlichkeiten, die das Thema heute noch auslöst. Ganz zu schweigen von dem trostlosen Eindruck verlorengegangener Geschichte, den trotz des Geleisteten Städte im Osten wie Dresden, Dessau, Magdeburg, Halberstadt oder Nordhausen hinterlassen.

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Er legte den Grundstein Preußens

  1. Februar 1620: Geburt des späteren brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (der große Kurfürst).

Die Verdienste des Großen Kurfürsten, unter dem der Aufstieg Brandenburg-Preußens begann, liegen außenpolitisch in der Vertreibung der Schweden aus der Mark Brandenburg (1675, Schlacht von Fehrbellin) und in der endgültigen Sicherung Preußens für das Haus Hohenzollern. Innenpolitisch begann Friedrich Wilhelm nach dem 30jährigen Krieg mit dem Aufbau eines stehenden Heeres und einer Berufsbeamtenschaft. Neben dem kurmärkischen Stammland gehörten zu Brandenburg-Preußen die rheinische Besitzungen, Ostpreußen, das Bistum Magdeburg und die spätere Provinz Sachsen mit Halle und Teilen des Saalkreises. Mit seinem Namen verbunden ist die Aufnahme der protestantischen Hugenotten aus Frankreich (1685) und die Beendigung des Einwanderungsverbotes für Juden. Er ersetzte die Naturalwirtschaft durch die Geldwirtschaft, führte die Verpachtung ein und beschnitt die Macht der Stände. Durch den Bau eines Kanals verband er Oder und Spree.

Bildunterschrift: Flüchtlinge aus Ostpreußen bringen sich nach dem Bombenangriff auf Chemnitz am5. März 1945 in Sicherheit. Und
Der Oberkommandierende der britischen Bomberflotte, Harris (Mitte), bei der Auswertung der Luftangriffe auf Deutschland.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung vom 10.02.1995

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Weiterführende Quelle: Audiobeitrag des Deutschlandfunks über Arthur Harris

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