Russische Veteranen sehen ihre Ideale leichtfertig preisgegeben

Mit Verbitterung wird Marschall Viktor Kulikow am 9. Mai die Parade der Veteranen in Moskau abnehmen: Das sei nicht der Feiertag, den man sich erhofft habe. Kulikow, der zeitweilig die in der DDR stationierten Verbände kommandierte und Oberkommandierender des Warschauer Paktes war, sieht die Weltmachtrolle der UdSSR leichtfertig preisgegeben. Die Armee sei nicht nur verschleudert worden – besonders ihr nukleares Potential – sondern sie werde auch mißbraucht, meint der Marschall mit einem Seitenblick auf Tschetschenien. Für diplomatische Verrenkungen um Einladungen und Plazierung der ausländischen Gäste hat er nur Verachtung übrig.

Kulikow spricht von der wohl letzten Möglichkeit für seine Generation, diesen Anlaß noch einmal feierlich zu begehen. Obwohl es viele Veteranen aus GUS-Ländern nach Moskau zieht, sind die meisten dieser Republiken nicht mehr an einer gemeinsamen Siegesfeier interessiert. So sind es hauptsächlich russische Feiern.

Den Marschall ergrimmt besonders, daß Kanzler Kohl sich ziert. Da solle man ihm doch bedeuten: Er fahre als Vertreter der besiegten Seite zum Sieger, also Führer „eines Landes, dem wir günstige Voraussetzungen für seine Entwicklung, für seine Wiedervereinigung geschaffen haben.“

Bildunterschrift: Russische Soldaten halten riesige Plakate mit Bildnissen sowjetischer Generäle. Die Bilder werden bei der Parade am 9. Mai getragen.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung vom 06.05.1995

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Weiterführende Quelle: Marschall Kulikow bei Wikipedia

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