Dresden (SZ). Am 17. Februar 1945 erreichte einer jener Elendszüge von KZ-Häftlingen, deren Befreiung durch die vordringende Rote Armee verhindert werden sollte, getrieben und gehetzt von verrohten Wachmannschaften den Ort Herzogswalde (Kreis Meißen). Der endlos erscheinende Zug bestand aus etwa
950 abgemagerten, verelendeten Frauen
meist Jüdinnen. In Herzogswalde mußte notgedrungen eine Marschpause eingelegt werden. Die völlig Erschöpften wurden in der Mehrzahl im Rittergut einquartiert und „verpflegt“. Es wurden sechs Zentner Kartoffeln gekocht, wovon etwa Stück auf jeden Häftling entfielen. Mit diesem kurzen Halt glaubte man sie so weit gekräftigt zu haben, daß sie sich weiterschleppen könnten.
Einen Tag später wurde in der Scheune des Bauern Grießbach noch eine Angehörige des Häftlingszuges gefunden. Der damals noch nicht 18 Jahre zählende Melker Kurt Kloth mußte sie zum Bürgermeister schaffen. Er trieb das etwa 20 Jahre alte ungarische Judenmädel vor sich her, das so schwach war, daß es von Zeit zu Zeit in die Knie sank. Der 1930 geborene Maurerlehring Alfred Herrfurth und der 1931 geborene Schlosserlehring Siegfried Hofer, beide drückten damals noch die Schulbank, gingen mit.
Der Bürgermeister sagte dem Kloth, er möge mit ein paar Leuten das Mädchen aus der Gemeinde schaffen, dann könnten sie mit ihm machen was sie wollten.
Darauf luden die drei Jungen das fast ohnmächtige Judenmädchen auf einen kleinen Handwagen und fuhren es nach den außerhalb des Ortes gelegenen Triebischwiesen. Unterwegs unterhielten sie sich, auf welche Weise die Jüdin um die Ecke gebracht werden könne. Nach ihrer Meinung sollte das Mädchen für die angeblich an deutschen Soldaten begangenen Greueltaten büßen. Nachdem sich die Burschen auf den Vorschlag von Kloth geeinigt hatten, die Jüdin zu erschlagen, wurde, an den Triebischwiesen angelangt, sofort zur Tat geschritten.
Kloth legte die von Zeit zu Zeit besinnungslos gewesene Jüdin auf die Wiese, ergriff einen dicken Holzstock und versetzte seinem Opfer drei Schläge über den Kopf. Herrfurth leuchtete die Unglückliche, die keinen Laut des Schmerzes von sich gab, mit seiner Taschenlampe an und stellte fest, daß sie noch atmete. Daraufhin führte auch er drei Schläge über den Kopf des Mädchens. Wieder ließ er die Taschenlampe aufblitzen, und weil er feststellen zu müssen glaubte, daß das Mädchen noch immer lebe, hat ihm Hofer noch drei Schläge mit dem Knüppel über den Kopf versetzt. Nachdem sich die Burschen mit der Taschenlampe überzeugt hatten, daß ihr Opfer tot sein müsse, weil ein Atmen nicht mehr wahrzunehmen war, packte Kloth die Tote, nachdem er deren Füße mit einem Strick zusammengebunden hatte, am Mantelkragen und warf sie in den Triebischbach.
Wegen dieser grausigen und kaum faßbaren Tat hatten sich jetzt die drei Burschen, die durchaus nicht den Eindruck von Verbrechernaturen machten, vor dem Großen Jugendgericht in Dresden wegen gemeinschaftlichen Mordes in Verbindung mit dem Kontrollratsgesetz gegen die Unmenschlichkeit zu verantworten.
Das Gericht erkannte gegen Kloth auf neun Jahre und gegen die Mitangeklagten Herrfurth und Hofer auf je fünf Jahre Jugendgefängnis mit Zwangsarbeit unter voller Anrechnung der Untersuchungshaft.

Quelle: Mitteldeutsche Tageszeitung „Freiheit“ – Organ der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands für die Provinz Sachsen, Burger Ausgabe, Nummer 124 / 1. Jahrgang, Halle (Saale), Sonnabend, 14. September 1946