Tod des Diktators immer wieder Stoff für Legenden
Nach dem Willen niederländischer Journalisten wäre der unendlichen Geschichte um den Verbleib der Leiche Adolf Hitlers kürzlich ein weiteres Kapitel hinzugefügt worden. Die Leiche, so hieße es, sei 1945 auf dem Gelände der Magdeburger KGB-Zentrale in der Klausener Straße verscharrt worden. Wenn diese Berichte auch getrost in die Reihe der Sommerloch-Märchen eingeordnet werden können, so sind doch auch viele Darstellungen seriöser Historiker und Journalisten nach wie vor widersprüchlich.
An diesem Verwirrspiel hatten bereits unmittelbar nach Kriegsende sowjetische Militärs maßgeblichen Anteil. Am 3. Mai 1945 luden sie internationale Pressevertreter in das Krankenhaus Berlin-Buch, um ihnen den toten Hitler zu präsentieren. Auf einem Tisch lag eine Leiche, die mit einer braunen Jacke und einer schwarzen Hose bekleidet war. Der Kopf war zerstört, an der Jacke prangten das „goldene Parteiabzeichen“ und ein Eisernes Kreuz. In dieser Bekleidung hatte sich Hitler tatsächlich oft gezeigt – allerdings nur bis zum Kriegsbeginn 1939. Ab diesem Zeitpunkt trug er eine graue, uniformähnliche Kleidung, die er nach eigener Aussage erst nach Kriegsende wieder ablegen wollte.
Während dies den Journalisten jedoch nicht auffiel, so bemerkte ein amerikanischer Reporter, daß die Leiche gestopfte Socken trug. Daraufhin ließen die Russen den Leichnam wieder verschwinden. Kurz darauf präsentierten sie erneut Teile eines Schädels, darunter Ober- und Unterkiefer sowie konkrete Angaben über das Gebiß. Über die Assistentin von Hitlers Zahnarzt Hugo Blaschke, Käthe Heusermann, war die sowjetische Untersuchungskommission an Hitlers Zahnkartei gelangt. Obendrein befand sich Blaschkes Techniker Fritz Echtmann, der einige Kronen und Brücken für Hitler angefertigt hatte, in ihrer Gewalt. Echtmann hatte Hitler jedoch nie selbst behandelt und konnte so nur unvollständige Angaben über Hitlers Gebiß machen. Mit diesen Angaben „belegten“ die sowjetische Kommission ihre Behauptung, Hitlers Leiche gefunden zu haben.
Die Angaben über das angebliche Hitler-Gebiß dienten noch 1968 dem sowjetischen Historiker Lew Besymenski in seinem Buch „Der Tod des Adolf Hitler“ zur Untermauerung der sowjetischen Position. Doch inzwischen hatte der westdeutsche Historiker Werner Maser aus der Hand von Hitlers Leibarzt Dr. Erwin Giesing Röntgenaufnahmen von Hitlers Kopf aus dem Jahre 1944 erhalten. Das Gebiß auf diesen Aufnahmen differierte deutlich mit den von der sowjetischen Untersuchungskommission 1945 und den von Besymenski 1968 präsentierten Zähnen. Die Auffassung, wonach Hitlers Leiche 1945 von der Sowjetarmee gefunden worden sei, war somit unhaltbar geworden.
Was ist nun tatsächlich am 30. April 1945 geschehen? Hitler-Biograph Maser gelangte nach Auswertung unzähliger Dokumente und Zeugenaussagen zu der Erkenntnis, daß Hitler gegen 15:30 Uhr Zyankali schluckte und sich, quasi um ganz sicher zu gehen, gleichzeitig selbst erschoß. Hitlers Fahrer Erich Kempka schaffte Benzin herbei. Der Leichnam wurde damit übergossen und in eine Mulde gelegt. Heinz Linge, Hitlers Diener, zündete die Leiche gegen 16 Uhr an. Nach Masers Darstellung wurde die Mulde mehrmals von Granaten getroffen, die die Leiche derart zerrissen, daß fast nichts mehr übrig blieb. Die noch vorhandenen Teile wurden nach 22 Uhr in einer Gefechtspause von Hitlers Getreuen, darunter Bormann, Goebbels und Linge, in ein Granatloch gelegt, mit Erde zugedeckt und mit festgestampft. Unter diesen wenigen Resten ein vollständiges Gebiß zu finden, war unmöglich.
Die spärlichen Überreste Hitlers dürften also heute noch dort liegen, wo sie in der Nacht des 30. April 1945 verscharrt wurden. Sind die Fakten heute nahezu restlos bekannt, so werden neue Sensationsmeldungen über den Verbleib der Leiche wohl nicht lange auf sich warten lassen.
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung vom 25.07.1992
Weiterführende Quelle: Was mit Hitlers Leichnam passierte
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