Hallesche Richter weisen Klage des früheren Konzerns ab

Die von der I.G. Farbenindustrie – in Abwicklung – angemeldeten Besitzansprüche auf Immobilien in Ostdeutschland sind vom Verwaltungsgericht Halle zurückgewiesen worden. Wie aus einer Presseerklärung von gestern hervorgeht, haben die Richter der 1. Kammer die Klage der Vertreter des Ex-Konzerns auf Rückgabe ihres ehemaligen Vermögens in Sachsen-Anhalt abgewiesen. Die Justizbeamtenseien unter dem Vorsitz von Richter Peter Osten zu der Überzeugung gelangt, daß die I.G. Farben, die am 30. November 1945 aufgrund des Gesetzes Nr. 9 des alliierten Kontrollrates enteignet worden sind, keinerlei Besitzansprüche mehr geltend machen kann.

Das Gericht begründet seinen Spruch damit, daß die Alliierten mit ihrem Gesetz das Vermögen des Chemiekonzerns „nicht lediglich sicherstellen“, sondern ihn selbst „auf Dauer zerschlagen“ wollten, da er sich „wissentlich und in hervorragendem Maße“ mit dem Ausbau und der Erhaltung des deutschen Kriegs- und Vernichtungspotentials befaßt habe. Eine Revision am Bundesverwaltungsgericht wurde von der halleschen Kammer nicht zugelassen.

Die I.G. Farben, die in der Nazi-Diktatur das berüchtigte „Zyklon B“ produzierte, mit dem in Konzentrationslagern Millionen Menschen in Gaskammern umgebracht wurden, hatte sich nach der Wende erneut um juristische Korrektur des Kontrollratsgesetzes bemüht. „Vermögensrechtliche Ansprüche“ waren z.B. beim Landratsamt Merseburg geltend gemacht worden. Die Antragspakete enthielten, angefangen von der Leunaer Ammoniakfabrik über Wohnungen und Grundstücke bis hin zum letzten Lagerschuppen, alle Immobilien exakt aufgelistet.

Werner Kisan, Sprecher der Leuna-Werke AG, gegenüber der MZ zum Gerichtsentscheid: Diese Tatsache spreche für sich und brauche nicht kommentiert zu werden.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung vom 24.07.1993

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Weiterführende Quelle: Bundesverfassungsgericht zum Rückübereignungsanspruch

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