Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhundert entbrannte zwischen den Pfarrern in Altenplathow und Genthin immer wieder ein Streit darüber, wem die beispielsweise in der Stremme ertrunkenen Toten „gehören“. Die Stremme war zu damaliger Zeit ein Grenzfluß zwischen beiden Pfarreien. Insbesondere der Altenplathower Pfarrer Cämmerich (Amtszeit von 1691 bis 1708) meldete regelmäßig Anspruch auf die Körper der Ertrunkenen, und damit auf die Bestattung und das Beerdigungsgeld an.
Um 1700 / 1703 war offenbar auch die an der Stremme gelegene Ziegelei zum Zankapfel zwischen beiden Kirchspielen geworden. Zwei Taufen mit dokumentiertem Streit zwischen beiden Pfarrern geben darüber Auskunft. Wegen einer dieser strittigen Taufen wurde 1700 der Genthiner Pfarrer Johann Hartmann Kirschner (Amtszeit von 1694 bis 1721) verklagt.
Bevor hier die einzelnen Fälle vorgestellt werden, zunächst eine kurze geografische Einordnung.
Die Stremme – in der Karte blau nachgezeichnet – teilt Altenplathow im Norden, von Genthin im Süden. Die Stremme ist über die Jahrhunderte kanalisiert und schiffbar gemacht worden. Heute ist sie Teil des Elbe-Havel-Kanals. Die in den Kirchenbüchern erwähnte „Crakoer Feldmark“ und der „Bohnhoffe“ befinden sich im nördlichen Teil.
Sterberegister Genthin 1726 Nr. 11
28. July, Sonntag unter der AmtsPredigt
Johann Andreas, 9 ½ Jahre alt, S. des Johann Brösicke,
da Er die Pferde zur Huth geritten, in der Stremme
hinter Gantzers Wiesen ertrunken, am Montag
mit Ernst gesucht (nachdem sich vorher der Huth
gefunden, und von unserem Schweiner gefunden
und nach dem Bohnhoffe ans Land gezogen worden,
sofort hereingebracht und Dienstag als den
30. Juli beerdigt worden.
NB. Nachdem der vorige Pastor zu AltenPlatho
Herr Cämmerich in dergleichen Fällen vielen Disput
gemacht und die Jenigen, so jenseits der Stremme
gebohren und verstorben sind, hat nach AltenPlatho
haben wollen, und der itzige Herr Pastor Mittwede
deßen Schriften gefunden, hat er auch dieses Cörpers
wegen sich melden wollen, um seiner Rechte
nichts sich zu begeben. Unter dem Vorwand,
daß auf der Crakoer Feldmarke worden ein
Dorff gleiches Nahmens gestanden, so nach Alten
Pflatho eingepfarrt gewesen, daher er auch und
sein Küster Jährlich noch von den Äckern den
Zehend und Küsterlohn kriegte, selbigen dann
auch nach AltenPlatho und dess Kirchspiel gehörten.
Da aber vor mehr als 600 Jahren die Genthinschen
Bürger, nachdem solche Dorffstelle wüste gelegen,
die Äcker an sich gekaufft, ists ja nun Genthinisch
worden und kann sich der Pastor zu AltenPlatho
und deßen Küster sich wohl begnügen laßen, daß
da Sie ohne alle Arbeit
die Fixa haben, dem Prediger und Schulbedienten
in Genthin die Accidentia bey der Arbeit genießen.
Ich habe bey der Gelegenheit die vorigen Verzeichniße
nachgesucht, und gefunden, daß in dergleichen Fällen
dem Pastori Genthinsi biß auff Pastor Cämmerichs
Zeiten, der ein Zäncker gewesen seyen soll,
niemals disputiert worden.
cf. Catalog. Defunctorum de annis
1661, d. 17. Juni
1677, d. 26. Mai
1682 sub No. 91
1682 d. 2. Sept.
1682 d. 4. Novbr.
1695 d. 3. April
1701 d. 3. July
collat. Catalog. Baptizatorum
1700, d. 29. Dezbr.
1703 d. 14. Januar
1706? D. 7. Aug. [Irrtum]
collat. TodtenRegister de ao 1691
Und ist also auch dißmahl der Kirche blieben.
Sterberegister Genthin 1661 Nr. 5
17. Juni +, 19. Juni
Hildebrand Wiederstorff, ertrunken alß er
bey der hiesigen MühlenFreyarca fischen wollen
Sterberegister Genthin 1677 Nr. 4
26. Mai + , 27. Mai
Hans Zieß, Knecht des Furhmans Hans Lorentz,
aus Zerbst, bürtig von Danicko außm Ambt
Gommern, in der Stremme am Ende des
Fluth- u. Mühlengrabens ersoffen.
Sterberegister Genthin 1682 Nr. 91
Margetha Teikener von Altenplatho
bey Herrn B. Simon Hahnen ebenfals
an der Contagion hinter der Mühle ge-
storben u. herein gebracht und tumuliert
[an der Pest gestorben]
Sterberegister Genthin 1682 Nr. 101
Deßlgeichen Maria Ernst von Altenplatho, des
DienstMägdchen auffm Bohnenhoff, gestorben,
hereingebracht u. auffm Kirchhoff tumuliert.
Sterberegister Genthin 1682 Nr. 141
4. Novbr. Herrn Nic. Bergholtzes Knecht
Andreas von Derben an der Contagion
auffm Crakowischen Hoff in der Hütte
gegen Mittag gestorben, hereingeführet
u. auffm hiesigen Kirchhoff tumuliert
Sterberegister Genthin 1695 Nr. 4
Den 3. April des Nachts um 11 Uhr ist ein
Reuter nahmens Friedrich Nordwalt vom
Regiment des Generals Du Gammels
mit seinem Pferde jämerlich
ertrunken auf Herrn Nicolaus Bergkholtzens
seinen Werder bey der Duncke,
den 11. April in der Stille begraben.
Sterberegister Genthin 1701 Nr. 7
Den 3. Juli, der Stad Pfände Mann
Hanß Heinrich Laß bey der letzten
Brücken an der Mühlenwiesen, da
die Wege sich scheiden, in den Graben
gefallen, wobey er geseßen und ein.
Taufregister Genthin 1700 Nr. 34
29. Dezbr. * , 2. Januar 1701
S. Hanß Christophel
E. Hanß Heinrich Schmid der Ziegelmeister
P. Paul Heinebeck der Thorschreiber
NB. Weil ao … diese Ziegelscheune erbaut , u. nach des
Altenplatischen Pred. Herrn Petrus Cämmerichs Meinung auf
Grund u. Boden der Krakauischen Feldts stehet, alß hat Er
solche zur Altenplathischen Kirche wollen zihen, und hat mich
wegen dieser ersten Tauffe beym Consistorio verklagt mit
einer anzüglichen Klagschrift, welche bescheidentlich beantwortet,
nicht überschickt worden. Wen aber Herr Cämmerich
es würde urgiren, sodan wollte des Königl. Ampt mit
antworten. Welches nu nicht geschehen, und die Sache auf
seiten Herrn Cämmerichs … gefallen, u. bleibt die
Ziegelscheune zur Stadt Genthin.
Taufregister Genthin 1703 Nr. 1
14. Januar * , 18.Januar
T. Anna Maria
E. Hanß Heinrich Schmid, Ziegelmeister
NB. Da diese Taufe geschehen soll, hat der Alten-
platische Pastor Herr Petrus Cämmerich seinen
Küster Mr. Pechül an mir geschickt mit der
(a) Frage: Ob ich nichts beantwortet auf den von
ihm mir überschicktes Consistor. Descript?
wegen der Ziegelscheune ? sein Herr Bruder
Blancke hatte zu Halle nachgefragt, u. ge-
hört, daß nicht beantwortet worden.
(b) Er hatte von seinem Herrn Bruder Pastor Hülle
vom Parey alte Documenta bekommen,
und würde nicht ruhen, biß er die Ziegel-
scheune zu seinem Kirchspiel hatte.
(zu a) [Antwort] Nein. Ich wäre dazu nicht gesetzt,
die Jurisdiction der Ziegelscheune zu betrei-
ten, das müssen die thun, welche sie
bauen laßen und befohlen, sich zur Genthin-
schen Kirche zu halten.
(zu b) Daß möchte er thun, wen die Herren
derselben ihm morgen solche zuerkenten
wolle ichß geschehen laßen.
Herr Kemmerich ist vor die Ziegelscheune
geritten kommen, u. dem Ziegelmeister
zugeruffen: Nu solle er bald zu sei-
nem Kirchspiel kommen.
Quellen: Karte entnommen aus: „Zur Geschichte der Stadt und des Kreises Genthin – Genthin von der Gründung bis 1700 – Genthin im Jahre 1709“ Heft 6 , Dr. Max Bathe, Genthin 1976
Auszüge aus den Kirchenbüchern Genthin
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