Anwälte werten diese Gerichtsaussage als Entlastung für Krenz

Die 27.Große Strafkammer des Berliner Landgerichts hat gestern im Politbüro-Prozeß festgestellt, daß die DDR in der Gestaltung ihres Grenzsystems nicht souverän war. Nach Auffassung der Anwälte ist damit endgültig der Anklagevorwurf vom Tisch, wonach Egon Krenz und die drei übrigen Angeklagten auf eine Abschaffung des Grenzregimes hätten hinwirken müssen. Die Beweisaufnahme könne sich nun darauf beschränken, ob ihnen aktives Handeln durch Beschlüsse zu Grenzfragen nachzuweisen sei. Die vier früheren DDR-Spitzenfunktionäre sind wegen Totschlags an Flüchtlingen angeklagt.

Insbesondere Honecker-Nachfolger Egon Krenz hatte durch zahlreiche Beweisanträge wiederholt auf die Abhängigkeit in militärischen Fragen von Moskau verwiesen. Im vergangenen September hatte Krenz verlangt, dazu namhafte Politiker wie Egon Bahr als Zeugen zu hören. Durch die jetzt erfolgte Ablehnung der Vernehmung ist für die Verteidigung „ein wichtiger Meilenstein“ in dem Verfahren gesetzt worden.

Nach Aussagen eines früheren Politoffiziers aus dem Stab des Grenzkommandos hat es einen juristisch festgeschriebenen Schießbefehl zwar nicht gegebenen. Es sei aber seine tiefe Überzeugung, daß Menschen verletzt, getötet und zu Krüppeln gemacht wurden, weil mit der Grenzsicherung das politische System gesichert wurde.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung vom 11.02.1997

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Weiterführende Quelle: Egon Krenz vor Gericht

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